Klimaabkommen von Kyoto

Das Klimaabkommen von Kyoto - schwere Geburt eines wichtigen Regelwerks
Allgemeines
Im Dezember 2015 beendeten 196 Staaten mit dem Pariser Klimavertrag (PK) die jahrzehntelange politische Debatte um Temperaturanstiege durch den anstehenden Klimawandel. Es trat im November 2016 inkraft. 30 Tage nachdem 55 Staaten (verursachen mindestens 55 % der Emissionen) es in nationales Recht umsetzten. Bereits mitte der 1980er Jahre verwiesen Expertengremien auf die möglichen Gefahren durch zukünftige Klimaveränderungen.
1992 wurde mit der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro global ein erster politischer Schritt, zugunsten des Klimas unternommen. Die Vertragspartner einigten sich damals auf die Bekämpfung des vom Menschen hervorgerufenen (anthropogenen) Treibhauseffekts und auf regelmäßige Beratungen. Bei denen sollten entsprechende Statuten zur Senkung der CO2-Emissionen ausgehandelt und beschlossen werden.
Dem in Rio entworfenen Leitbild der Nachhaltigkeit, das den Klimaschutzakteuren in ihren zukünftigen Übereinkommen als Vergleichsmaßstab dienen sollte, folgten kaum zufriedenstellende Beschlüsse. Weltweit nahmen die CO²-Emissionen im Zeitraum von 1990-2004 um mehr als 24 % zu. Die 1992 ausgehandelte UN-Klimarahmenkonvention (United Nations Framework Convention on Climate Change – UNFCCC) ist seit 1994 inkraft. Sie gilt offiziell als erstes völkerrechtlich bindendes Abkommen zum Klimaschutz. Damit verbunden ist die Perspektive auf rechtsverbindliche und konkrete Zielvorgaben. Besiegelt wurde diese Zielsetzung auf der Dritten Vertragsstaatenkonferenz in Kyoto 1997, mit Beschluss des Klimaabkommens von Kyoto. Damals trafen verschiedene Staatenakteure aufeinander, welche die Verhandlungen um verbindliche Minderungsnormen gegenseitig blockierten und erschwerten. Der Klimarahmenkonvention gehören 194 Staaten an, darunter die USA und Australien. Hiervon überführten 156 Staaten, darunter Deutschland und alle übrigen EU-Länder, zusätzlich das Klimaabkommen von Kyoto in nationales Recht.

Warum Kyoto?

Das Klimaabkommen von Kyoto basiert auf drei Hauptsäulen: Reduzierung der Erderwärmung, Verbesserung der Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel und die Sicherstellung einer konstanten Finanzierung der notwendigen Maßnahmen. Neben dieser Zieltrias stellen die Regelungen zu Schäden und Verlusten infolge des Klimawandels, der Technologietransfer, der Kapazitätsaufbau und ein Rahmenkonzept, um die Transparenz bei der Umsetzung des Klimaabkommens von Kyoto sicherzustellen, weitere wichtige Bausteine des Pariser Abkommens dar.

Flexible Mechanismen des Klimaabkommens von Kyoto

Um die Minderungsziele kosten-effizient zu erreichen, bietet das Klimaabkommen von Kyoto neben der Reduzierung im eigenen Land die Möglichkeit, seine Verpflichtung auch im Ausland durch Flexibilität (z.B. Emissionshandel, Clean Development Mechanism - CDM, Joint Implementation - JI) zu erfüllen. Die Emissionsminderung soll dort stattfinden, wo sie am kostengünstigsten zu realisieren ist. Die Projekt-basierten Mechanismen (CDM, JI) sind so konstruiert, dass die sog. Annex B-Staaten freiwillig verschiedene Emissionsminderungsmaßnahmen im Ausland durchführen. Die dadurch erzielten Emissionsgutschriften sind in einem bestimmten Umfang, zur eigenen Zielerfüllung oder im Europäischen Emissionshandelssystem einsetzbar.
Mit dem „Übereinkommen von Marrakesch“ im Jahre 2001 (7. VSK in Marrakesch) zur Ausgestaltung und Umsetzung des Klimaabkommens, wurde ein System der Erfüllungskontrolle zur Nutzung der sog. Kyoto-Mechanismen und zur Anrechenbarkeit von Minderung und Förderung des Klimaschutzes in Entwicklungsländern beschlossen.
Damit wurden drei "Flexibilitätsmechanismen" wirksam: die gemeinsame Durchführung des Emissionshandelssystems, ein Mechanismus für eine global umweltverträgliche Entwicklung und die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung. Durch private Investitionen und Technologietransfer werden in den Entwicklungsländern die mit verbesserter Kostenwirksamkeit erforderlichen Emissionsreduktionen in den Industrieländern kombiniert.

Der Verlaufspfad des Klimaabkommens von Kyoto

I. Verpflichtungsperiode von Kyoto (2008-2012)
Die Industriestaaten verpflichteten sich, ihre Treibhausgasemissionen insgesamt um 5,2 % gegenüber 1990 zu senken. Die EU versicherte, ihre Treibhausgase im Zeitfenster zwischen 2008 und 2012 um 8 %, gegenüber dem Niveau von 1990 zu verringern. Das Gesamtziel wurde im EU-internen Lastenteilungsverfahren unter den damaligen 15 EU-Mitgliedsstaaten aufgeteilt. Deutschland verpflichtete sich 21 % weniger klimaschädliche Gase zu produzieren.

II. Verpflichtungsperiode und zentrale Änderungen
Die 18. Vertragsstaatenkonferenz (VSK) in Doha/Katar 2012, brachte eine Einigung auf die Zweite Verpflichtungsperiode (2013-2020). Kernbestand dessen war die Fortführung des Klimaabkommens von Kyoto. Der Regel-basierte Ansatz von Kyoto, mit seinen verbindlichen Zielen, Umsetzungsplänen sowie Berichts- und Überprüfungspflichten, diente als Grundlage für ein neues Klimaschutzabkommen. Im Durchschnitt verpflichten sich jetzt die Länder, ihre Emissionen bis 2020 um 18 % gegenüber 1990 zu senken. Die EU bekannte sich für diesen Zeitraum zu einer 20 %-igen THG-Reduktion.

Die Vergemeinschaftung von Klimapolitik - Folgen und Problemlagen

Die EU betreibt seit 2005, im Rahmen des Klimaabkommens, Emissionshandel zur Senkung der CO2-Emissionen. Es entfaltet verteilungslungsungerechte Wirkungen, aufgrund der erheblichen Begünstigungen bestimmter Industriezweige. Diese Schwachstelle des Emissionshandelssystems ist Beleg für die Ausblendung der inländischen Verteilungswirkungen internationaler Klimapolitik. Damit einher geht die verstärkte Separierung der Vertragsstaaten in Gruppen mit verschiedenen Wirtschaftsinteressen.
China, Indien und Brasilien, als schnell wachsende Volkswirtschaften, mussten sich als Entwicklungsländer im Klimaabkommen von Kyoto zu nichts zu verpflichten. In den USA stiegen die Emissionen um 16 %, in Japan um 14 % weiter an. Zudem nahmen weltweit die energiebedingten CO²-Emissionen (1990-2003) um mehr als 19 % zu. Auf der UN-Klimakonferenz in Montréal im Dezember 2005, einigten sich die Verhandlungspartner auf die Fortschreibung des Kyoto-Protokolls. 189 Länder trafen weitere Vereinbarungen zur Verringerung der THG-Emissionen, was auch von den USA akzeptiert wurde, obwohl sie Kyoto nicht ratifizierten.
Die 16. VSK in Kopenhagen 2009 ergab keine Einigung auf eine Nachfolgeregelung für nach 2012 („Post-Kyoto-Prozess“). Zwei Jahre später zog die 17. UN-Klimakonferenz in Durban, die Gründung der Durban-Plattform nach sich. Damit sollte ein Rechtsinstrument ausgehandelt werden, das bestimmte Klimaschutzmaßnahmen ab 2020 festlegt. Nach Durban erfolgte der Rücktritt Kanadas und Neuseelands von Kyoto. Japan und Russland lehnten seine Verlängerung ab.

Wie das Klimaabkommen die Beziehungen zwischen den einzelnen Verhandlungspartnern veränderte

Die Führungsrolle fortschrittlicher Vertragsstaaten versetzte sie in die Lage, rationale Ziele klimapolitisch bedarfsgetreu zu formulieren. Abhängige Vertragsstaaten hingegen waren in ihrer Einflusskraft stark limitiert. Die gemeinsame Verhandlungspraxis auf Grundlage des Klimaabkommens von Kyoto, schuf ein dauerhaftes Unentscheidbarkeitsdilemma. Indem die dominanten Staatenakteure ihre jeweiligen Interessen in jede neue klimapolitische Verhandlung retteten, vernachlässigten sie den klimapolitischen Bedarf 'kleinerer' Akteure.
Das Klimaabkommen von Kyoto provozierte bei Kanada, Japan, Neuseeland und Russland eine eigenwillige Ausweichreaktion. Die Vorteile aus Kyoto wurden für die vier Akteure immer weniger erkennbar. Der Sonderstatus für China, Indien und Brasilien führte bei den Entwicklungsländern zu steigendem Unmut.
Das Klimaabkommen weist durch Beschränkungen, Gebote und Verbote eine hohe Kontrolldichte auf. Es ging letztlich vollständig im Pariser Klimavertrag auf, da Rücktritte vom UN-Rahmenübereinkommen sich nach zustandekommen des Klimavertrags nicht mehr auf Kyoto bezogen, sondern auf Paris. Für inkrafttreten des Klimavertrags genügte die Zustimmung der Vertragsstaaten mit dem größtem Reduktionsanteil.

Das Klimaabkommen im Windschatten eines einschneidenden Ereignisses

Unmittelbar nach dem Tsunami im Indischen Ozean (2005) fand die Zweite Weltkonferenz zur Reduzierung von Katastrophen in Kobe statt. 168 UN-Mitgliedsstaaten verabschiedeten einen gemeinsamen Rahmenaktionsplan. Bis 2015 sollten die Verluste durch extreme Naturereignisse – in Bezug auf Menschenleben und soziale, wirtschaftliche und ökologische Folgen – deutlich verringert werden. 2007 forcierten die USA in Bali den Beschluss einer Roadmap für den Kyoto-Folgeprozess. Zwar lag die Priorität der USA beim Merkmal der Anpassung an den Klimawandel, jedoch versuchten sie bei den Verhandlungen wiederholt, die Aufnahme eines verbindlichen Zielkorridors im Abschlussdokument von Bali zu verhindern.

Unterschiede zwischen dem Pariser Abkommen und dem Kyoto-Protokoll

Paris enthält keine Verpflichtungskonkretisierung. Während die Minderungsnormen der Staaten im Klimaabkommen multilateral geartet sind, lässt der Klimavertrag jedem Staat einen nationalen Selbstbestimmtheitsanspruch entlang der Verpflichtungspräzisierung. Ein weiterer Unterschied betrifft die Verpflichtungsinhalte. Das Klimaabkommen basiert rein auf Reduktionsverpflichtungen, um den Klimawandel abzuschwächen. Im Gegensatz zum Klimaabkommen können Staaten kraft Klimavertrag auch Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel, als Teil ihrer nationalen Verpflichtungen festlegen. Die starre Trennung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern wird aufgehoben.
Ein weiterer Unterschied betrifft die Formulierung eines langfristigen Ziels: Paris will in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts eine „Balance zwischen Emissionen und Senken“ und den absoluten Höhepunkt der weltweiten CO2-Emissionen „so bald wie möglich“ erlangen.
Trotz der Einigung im Klimaabkommen von Kyoto konnte ein Großteil der Vertragsstaaten die Reduktionskriterien nicht erfüllen. Die EU schloss daher ein breites Bündnis von Industrie- und Entwicklungsländern, das zum Erfolg des Pariser Klimavertrags beigetrug. Dazu trug nicht zuletzt bei, dass 190 Staaten sich bei der Weltklima-Konferenz in Cancun im Jahre 2010 auf das sog. Zwei-Grad-Ziel einigen konnten.