Digitalisierung im Bildungswesen

Die Digitalisierung ist weltweit rasant auf dem Vormarsch und macht dabei auch vor dem Bildungswesen selbstverständlich nicht halt. Diese Information ist in allen Medien konstant ein großes Thema und daher auch jedem von uns in den Grundzügen bereits geläufig. Doch was ist unter dem Begriff Digitalisierung eigentlich genau zu verstehen und in welcher Form wirkt sich diese auf unser heutiges und zukünftiges Bildungswesen aus? 

Digitalisierung - ein Definitionsversuch vorab

Der Begriff Digitalisierung ist leider nicht eindeutig definierbar. Ursprünglich bezeichnete man mit Digitalisierung die Umwandlung von analogen Informationen in digitalen Formate, um eine elektronische Weiterverarbeitung dieser Daten zu ermöglichen. Der Begriff Digitalisierung wird aber auch als Synonym für den digitalen Wandel in unserer heutigen Welt verwendet, viele sprechen dabei sogar von einer digitalen Revolution. 

 

Während sich im 20. Jahrhundert zunächst vor allem die Informationstechnologie (IT) intensiv weiterentwickelte und mit innovativer Hard- und Software in Unternehmen und Privathaushalten massiv Einzug hielt, stehen in unserem heutigen 21. Jahrhundert zunehmend neue Technologien und flexible Anwendungen im Mittelpunkt, die vor allem in der Industrie für einen sehr massiven Umbruch sorgen. Auch die sozialen Medien haben sich mittlerweile einen bedeutenden Stellenwert in der Gesellschaft erobert und gehören für viele Menschen, vor allem auch für Kinder und Jugendliche, zu ihren wichtigsten Kommunikationskanälen. 

Die Digitalisierung an deutschen Schulen

Wenn es um das Thema Digitalisierung in Schulen geht, steckt die praktische Umsetzung in Deutschland immer noch in den Kinderschuhen. Eine hochwertig digitalisierte Schule benötigt im Minimum ein zuverlässigen Internetzugang, sicheres hausinternes WLAN, leistungsstarke Computer und Beamer für jedes Klassenzimmer. Doch es fehlt an den meisten Schulen nicht nur an dem notwendigen technischen Standard, sondern auch an der entsprechenden Lehrerweiterbildung, um einen pädagogisch sinnvollen Einsatz von digitalen Medien und Lernmethoden überhaupt zu gewährleisten. 

 

Die flächendeckende Anbindung von Schulen an das Internet ist derzeit in der deutschen Bildungspolitik ein bedeutendes Thema. Bei einem am 24.10.2017 in Hamburg stattgefundenen Treffen der bundesdeutschen Ministerpräsidenten wurde über die von der Bundesregierung Deutschland geplante Bereitstellung von 5 Milliarden Euro bis 2024 für die flächendeckende Anbindung von Schulen an das Internet sowie der Verwendung von Online-Lernmethoden diskutiert. Für diesen Schritt wäre allerdings eine Grundgesetzänderung notwendig, da nur so die Investitionen des Bundes in Bildungsinfrastrukturen erleichtert werden können. Doch in einigen Bundesländern, allen voran Baden-Württemberg, regt sich Widerstand, da diese eine Gefährdung der Länderhoheit in der Schulpolitik befürchten. 

 

Genau aufgrund dieser Länderhoheit gibt es bis dato auch deutliche Unterschiede bei der jeweiligen Digitalisierungs-Agenda der sechzehn deutschen Bundesländer. In seinem aktuellen INSM-Bildungsmonitor 2018 hat sich die vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall gegründete Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft erstmals auch mit dem Thema Digitalisierung in Schulen in Deutschland befasst. Nach ihren Auswertungen auf Basis von Lehrerbefragungen werden digitale Medien derzeit mit einem Anteil von knapp 65 Prozent am häufigsten in bayerischen Bildungseinrichtungen genutzt, in Bremen nutzen diese nur gut ein Drittel der dort beschäftigten Lehrkräfte. 

 

In unserer zunehmend "verdigitalisierten" Welt ist der richtige Umgang mit den neuen Medien eine der herausragendsten Zukunftskompetenzen für heutige Schüler. Durch den Einsatz von qualitativ hochwertiger Soft- und Hardware und auf deren Einsatz geschulte Lehrkräfte werden Schüler und Schülerinnen, unabhängig von ihrer sozialen oder ethnischen Herkunft, verbesserte Chancen auf eine gute Schulausbildung und somit auch auf dem modernen Arbeitsmarkt bekommen. Bessere Leistungen, vor allem auch in den derzeit im internationalen Vergleich schlecht abschneidenden mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern, können so die positive Folge für das deutsche Bildungswesen sein. 

Die Digitalisierung an deutschen Universitäten

Auch an den bundesdeutschen Hochschulen kommt die Digitalisierung nur sehr schleppend in Gang. Zwar haben Power-Point-Präsentationen, digital aufgezeichnete Unterrichtseinheiten und Online-Vorlesungen die gängigen analogen Lehr- und Lernmethoden teilweise abgelöst bzw. sinnvoll ergänzt, doch eine digitale Organisation der Studiengänge ist fast überall nach wie vor nur Zukunftsmusik. Laut dem Hochschul-Bildungs-Report 2020, der vom Stifterverband in Kooperation mit McKinsey erstellt wurde, bietet nur jede vierte deutsche Universität beispielsweise die Möglichkeit der Online-Kursbelegung an. Die oft schon gut ausgebaute WLAN-Anbindung des Hochschulgeländes wird zwar gerne und viel von den Studierenden genutzt, doch immer noch klagen rund 41 Prozent der Studenten über eine schlechte Verbindung. Auch im Bereich der Vernetzung von Hochschulen mit den Studierenden ist noch kräftig Luft nach oben, die Social Media Angebote der Hochschulen nutzt derzeit nur rund 50 % der Studierenden. 

 

Vorbildfunktion im Bereich digitalisierte Hochschulen nehmen vor allem die Universitäten ein, die zum heutigen Zeitpunkt bereits über eine strategische Partnerschaft mit einem IT-Unternehmen verfügen, wie beispielsweise das US-amerikanische IT- und Beratungsunternehmen IBM und die Universität Duisburg-Essen. Auch das oft belächelte Studium an einer Fernuniversität, wie der Fernuniversität in Hagen, die mittels Studienbriefe in Kombination mit einer Online-Lernplattform ein Studium mit regulärem akademischem Abschluss ermöglichen, können schon heutzutage auf ein gut ausgebautes digitales Studienangebot verweisen.

 

Gerade den Universitäten obliegt eine zentrale Rolle bei der (Mit-)Gestaltung zukünftiger Gesellschaften durch ein an die moderne Welt angepasstes Bildungswesen. Daher dürfte die Signifikanz der Digitalisierung von Hochschulen in den kommenden Jahren stetig weiter wachsen. Klassische Hörsäle und feste Seminarräume werden vermehrt aus der universitären Wissensvermittlung verschwinden, dafür werden die digitalen Angebote der Universitäten, wie digitale Studienorganisation, Vorlesungen in virtuellen Hörsälen und komfortable Download-Möglichkeiten von Vorlesungsmaterial sowie Fachliteratur immer weiter an Bedeutung gewinnen. 

Was behindert die Digitalisierung im Bildungswesen?

Nicht nur die derzeit noch fehlende finanzielle Unterstützung für den digitalen Wandel an unseren Schulen und Universitäten stellen ein eklatantes Problem dar. Auch die fehlende (kompetente) Manpower im Bildungswesen ist dabei ein großer Störfaktor. In den Hochschulen, gerade aber auch in den Schulen unseres Landes. wird derzeit noch viel zu vorsichtig mit dem Thema digitaler Wandel umgegangen. Ein Grund dürfte auch im Bildungswesen die Angst vor dem Jobverlust sein, denn mehr Online-Lernmöglichkeiten könnten ggf. auch einen geringeren Bedarf an Lehrkräften und Dozenten nach sich ziehen. Doch vor allem fehlt es an einer entsprechenden Schulung des Schul- und Hochschulpersonals. Zukünftige Lehrende müssen also während ihres Studiums bereits auf den digitalen Wandel vorbereitet und entsprechend ausgebildet werden, die Einstellung von Medienpädagogen ist ebenfalls obligatorisch. 

Digitaler Wandel - Vor- und Nachteile

Der digitale Wandel in unserer Gesellschaft, respektive im Bildungswesen, bietet vor allem jede Menge Vorteile. Das aus dem Humanismus (19. Jahrhundert) stammende und von Immanuel Kant geprägte Wunschbild des "Lernens für Alle" kann durch den digitalen Wandel im Bildungswesen einen immensen Sprung nach vorne machen. Die Möglichkeit, von jedem Ort aus lernen zu können und unabhängig von der sozialen oder ethnischen Schicht Zugriff auf die gleichen Bildungsmöglichkeiten zu haben, ermöglicht jedem gleichwertigere Bildungschancen. 

 

Natürlich liegt in genau diesem Punkt auf der anderen Seite auch wieder eine Gefahr: Denn von jedem Ort aus lernen zu können bedeutet natürlich, dass jedem Lernwilligen die entsprechenden Zugangsmöglichkeiten zum digital abrufbaren Wissen möglich sein muss. Hardware wie PC, Notebook und Tablet sowie die für das Lernen notwendige notwendige Software sind aber immer auch ein großer Kostenfaktor, den nicht jeder aus eigenen Mitteln bestreiten kann. An dieser Stelle ist daher die Politik gefragt, entsprechende schulpolitze Ideen wie "jedem Kind ein Tablet" liegen ja bereits im (virtuellen) Raum. 

 

Fazit

Ganz gleich, ob man sich auf eine digitale Lernzukunft und ihre mannigfaltigen Chancen freut oder mit diesem Gedanken als Traditionalist derzeit noch hadert - vermeiden lassen wird sich dieser Entwicklungsschritt im Bildungswesen angesichts der zunehmenden Digitalisierung in allen anderen Lebensbereichen nicht. Alle Generationen sind daher gefragt, sich für ein Life-Long-Learning zu öffnen und den technologischen Fortschritt nicht an sich vorbeirauschen zu lassen. Gerade auch mit Blick auf die Zukunftschancen der nachfolgenden Generationen.