Glyphosat - Wundermittel oder Krebserreger

Die chemische Verbindung Glyphosat gehört zur Gruppe der Phosphonate, welche Salze und organische Verbindungen der Phosphonsäure umfasst. Funktionell betrachtet gehört Glyphosat zu den Pestiziden. Pestizide sind Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel, welche schädliche Lebewesen abtöten oder in deren Vermehrung verhindern. Dadurch haben Pestizide einen besonderen Stellenwert in der Landwirtschaft, welche diese einsetzt um ihre Erträge zu steigern. Denn ohne Pestizide wäre die massenhafte Produktion der Landwirtschaft nicht möglich. Die Pflanzen werden zum Zweck des maximalen Ertrages gezüchtet und sind deswegen anfälliger gegenüber Krankheiten und Schädlingen. Glyphosat findet aber nicht nur Anwendung in der Landwirtschaft. Auch im Forst, Gartenbau oder im privaten Haushalt zur Unkrautbekämpfung kann es eingesetzt werden. Glyphosat ist ein Breitbandherbizid. Dies bedeutet, dass es unselektiv gegen alle Pflanzen wirkt.

Seit wann gibt es Glyphosat?

Glyphosat wurde erstmals 1950 von dem Schweizer Henri Martin synthetisiert, der damals für das schweizer Pharmaunternehmen Cilag arbeitete. Über mehrere Umwege gelang die Chemikalie 1960 zu Monsanto, welches inzwischen eines der größten Lebensmittelunternehmen der Welt ist. Monsanto untersuchte damals chemische Verbindungen zur Wasserenthärtung. Bei zwei dieser Verbindungen wurde eine niedrige Herpizidwirkung nachgewiesen. 1970 entwickelte der amerikanische Chemiker John Franz aus diesen Verbindungen Glyphosat, welches Monsanto 1971 als Herbizid patentieren ließ. Inzwischen gehört Glyphosat zu den meistverkauften Pestiziden der Welt. 

Wie wirkt Glyphosat?

Glyphosat ist eines der effektivsten Pestizide der Welt und der Grund dafür ist dessen einzigartige Wirkungsweise. Pflanzen nehmen die Chemikalie über die Blätter und andere grüne Pflanzenbestandteile durch Diffusion auf. Von dort aus gelangt das Pestizid zu den Wachstumspunkten, den Wurzeln und in die jungen Triebe der Pflanze. Glyphosat unterbindet nun die für die Pflanzen lebensnotwendige Produktion der aromatischen Aminosäuren Phenylalanin, Tryptophan und Tyrosin. Diese werden normalerweise über den Shikimisäureweg synthetisiert, welcher in den meisten Pflanzen vorkommt. Glyphosat blockiert allerdings ein bestimmtes Enzym (EPSPS), wodurch die Aminosäuren nicht gebildet werden können. Dadurch verhungert die Pflanze. Da der Stoffwechselweg "Shikimiweg" nur in Pflanzen oder Mikroorganismen vorkommt, ist Glyphosat für Menschen oder Tiere auf diesem Weg ungefährlich. 

Welche Rolle spielt Glyphosat in der Wirtschaft?

Da Glyphosat das am häufigsten verwendete Pestizid ist, ist dessen Rolle für die Wirtschaft enorm. Allein die deutsche Landwirtschaft benötigte im Jahr 2012 rund 6.000 Tonnen und das Pestizid wurde auf 40 Prozent der deutschen Felder eingesetzt. Weltweit wird der Verbrauch im Jahr 2017 auf rund 1 Millionen Tonnen geschätzt. Das besondere daran ist die steigende Tendenz - das Pestizid wird immer häufiger eingesetzt. Ein Grund dafür ist das sich vergrößernde Anwendungsspektrum, da beispielsweise Unkräuter eine Resistenz gegenüber Glyphosat entwickeln können. Zudem werden immer mehr genetisch veränderte glyphosatresistente Anbaukulturen angepflanzt. 

 

Seit 2000 sind die Patente an der Produktion von Glyphosat abgelaufen. Dadurch konnten andere Unternehmen - besonders asiatische Unternehmen - ebenfalls Glyphosat herstellen und verkaufen. Damit konnten nun auch andere Unternehmen von der starken Nachfrage profitieren. Aber dennoch spielt Monsanto beim Verkauf von Glyphosat die größte Rolle. Besonders "Roundup", eine seit 1974 vertriebene Serie von Breitbandherpiziden, ist ein beliebtes Produkt. Es findet Anwendung in über 130 Ländern, vorwiegend in der Landwirtschaft. 

Vorteile für die konventionell Landwirtschaft

Glyphosat bringt der Landwirtschaft zahlreiche Vorteile. Am bedeutendsten sind aber die folgenden beiden Vorteile. Glyphosat sorgt für gesteigerte Erträge. Forscher haben herausgefunden, dass durch das Abtöten des unerwünschten Unkrauts die Erträge zwischen 20-30 Prozent gesteigert werden können. Dies liegt an der Konkurrenz um Wasser, Nährstoffe und Licht zwischen Unkraut und Nutzpflanze. Dabei zählt die einfache Formel: je mehr Unkraut desto weniger dieser wichtigen Ressourcen sind für das Wachstum der Nutzpflanze vorhanden. Glyphosat ermöglicht es außerdem, Kulturpflanzen mit einer verminderten Bodenbearbeitung anzupflanzen. Pflügen ist dadurch entweder nicht mehr notwendig, oder kann zumindest reduziert werden. Somit können Arbeitsschritte eingespart und Produktionskosten gesenkt werden. Zudem verringert sich damit der zeitliche Aufwand. Eine Landwirtschaft ohne "Roundup" von Monsanto oder anderen Pestiziden wäre somit wesentlich teurer für den Konsumenten. 

Welche Nachteile entstehen der Gesellschaft aufgrund der intensiven Nutzung?

2015 geriet Glyphosat in den Fokus der Medien. Im März 2015 veröffentliche die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) einen Bericht, demzufolge Glyphosat "wahrscheinlich krebserregend" sei. Ein Jahr später erschienen zwar einige Studien die diesen Effekt nicht nachweisen konnten, aber das sensible Thema war im Kopf der Gesellschaft und wurde breit diskutiert. Seitdem ist nicht geklärt ob das Wundermittel von Monsanto krebserregend ist oder nicht. Aber abgesehen davon, was sind rationale Argumente gegen den Gebrauch von Glyphosat? Einem Bericht des Umweltbundesamtes zufolge werden wichtige Ackerkräuter und Insekten durch Glyphosat abgetötet. Diese bilden, besonders für Vögeln in der Brutzeit, die Nahrungsgrundlage vieler Feldtiere. Durch die Zerstörung der normalen Nahrungsnetze leistet Glyphosat einen Beitrag zum Rückgang der Feldvögel wie Rebhuhn oder Feldlerche. 

 

Der übermäßige Einsatz von Glyphosat kann außerdem dazu führen, dass glyphosatresistente Unkräuter entstehen. Wenn dieses Pestizid seine Wirkung verliert, muss entweder die Dosis erhöht oder ein anderes Pestizid eingesetzt werden. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit der krebserregenden Wirkung allein schon ein gutes Argument. Aber im Besonderen auch der Fakt, dass mit einem Verbot von Glyphosat die Unternehmen dazu gezwungen werden, nach Alternativen zu forschen. Glyphosat ist zwar eines der Pestizide mit vergleichsweise geringer Toxizität, aber weitere Forschungsarbeit könnte zu neuen und besseren Alternativen führen. Dies wird aber derzeit nicht gefördert, da es sich bei Glyphosat bereits um eines der billigsten und effektivsten Pestizide handelt. 

Monsanto und das Saatgut

Monsanto hat seine Geschäftsfelder in den letzten Jahrzehnten auf zwei Bereiche fokussiert: Saatgut und Pflanzenschutzmittel. Eine aggressive Geschäftspolitik, genetisch verändertes Saatgut und die Diskussion über Glyphosat haben dem amerikanischen Lebensmittelunternehmen ein schlechtes Image beschert. Dabei ist auch zu beachten, dass sich Monsanto langsam eine Monopolstellung aufbaut. Das Saatgut welches Monsanto verkaufen ist genetisch so verändert, dass es keine keimfähigen Samen hervorbringt. Somit müssen Bauern immer wieder neues Saatgut von Monsanto kaufen und gelangen so in eine Abhängigkeit. Zudem bietet sich bei diesem Saatgut besonders Glyphosat an, da dieses Saatgut gegen diese Pestizide resistent ist. Gentechnisch verändertes Saatgut und Glyphosat sind also zwei Seiten derselben Medaille.

Fazit und Zukunftsaussicht

1974 war Glyphosat eine große Neuerung für die Landwirtschaft. Es gab kein anderes Pestizid das so effektiv und zudem scheinbar ungefährlich war. Inzwischen haben sich die Perspektiven geändert und die Chemikalie steht im Mittelpunkt einer langanhaltenden öffentlichen Debatte. Viele Studien belegen dem Pestizid keinen Einfluss auf den Körper, wieder andere besagen genau das Gegenteil und versuchen einen gesundheitsschädlichen Effekt nachzuweisen. Die Diskussion und Forschung ist hier noch lange nicht beendet. 

 

Die europäische Union hat nun am 27.11.2017 der Verlängerung der Zulassung für das Pestizid um fünf Jahre zugestimmt. In den folgenden fünf Jahren werden weitere Forschungen zeigen, ob es sich um eine gesundheitsgefährdende Substanz handelt oder nicht. Nach heutigen Forschungsarbeiten kann aber davon ausgegangen werden, dass Glyphosat in der heutzutage verwendeten Konzentration keine Gefahr für den Menschen darstellt. Vermutlich wird diese Annahme in den nächsten Jahren in weiteren Forschungsarbeiten erneut nachgewiesen und untermauert werden. Es ist davon auszugehen, dass die Zulassung für das Pestizid im Jahr 2022 erneut verlängert wird.

 

Ein Problem ist aber weiterhin das Insektensterben durch das Pestizid. Das Umweltbundesamt ist sich dessen bewusst und hat vorgeschlagen entsprechende Ausgleichsmaßnahmen zu fordern. Blühstreifen oder Brachflächen wären beispielsweise Ausgleichmaßnahmen um die biologische Vielfalt nicht zu gefährden. Vermutlich wird die Landwirtschaft auch im Jahr 2022 noch Glyphosat nutzen. Da es sich nach derzeitigem Stand um das ungefährlichste und billigste Pestizid unserer Zeit handelt.